Österreichische Postsparkasse
Otto Wagners Postsparkassengebäude gilt als Schlüsselwerk der europäischen Moderne und der Wiener Jahrhundertwende. Mit dem 1904-1912 errichteten Gebäude schuf Wagner (1841-1918) seinen modernsten und bedeutendsten Bau. Seine Forderung „Etwas Unpraktisches kann nie schön sein“ war das Resultat jahrzehntelanger baukünstlerischer Aufgabenanalysen und überlegenen Könnens. In jedem baulichen Detail, jedem Ausstattungsmerkmal, jedem von Wagner entworfenen Möbel führen Zweckmäßigkeit und Gebrauchsfähigkeit zu intelligenten, schlüssigen, hochästhetischen Lösungen.Die Beschlagung der Fassade mit aluminiumverkleideten Eisenbolzen – um ein Beispiel anzuführen – stellt einerseits eine technische Notwendigkeit, eine programmatische Zurschaustellung der Moderne dar, andererseits aber auch eine wichtige symbolische Mitteilung: die mit Eisen beschlagene Schatztruhe steht als Archetypus für die sichere Verwahrung des gesparten und veranlagten Geldes.Ähnlich programmatisch-symbolisch geht Wagner bei den Entwürfen zur gesamten Innenausstattung vor: Bodenbeläge, Wandtäfelungen, Teppiche, Heizkörper, Lampen, Uhren, Türschnallen, Stehpulte, Schalter, Hocker, Sitzbänke, Sessel, Schreibtische, Kleiderschränke, Etagèren bis hin zu den Safes sind diesem Gestaltungsprinzip unterworfen. Die Füße der Sitzmöbel in der Postsparkasse werden mit Manschetten, die Armlehnen mit Bändern beschlagen – was nicht nur vor Abnützung schützt, sondern gleichzeitig auch die Kostbarkeit des Geschützten, dessen Kunstwert, betont. Die Warmluftausbläser im zentralen Kassensaal verlieren ihre rein utilitäre Funktion des Heizens, ihr Gebrauchswert wird ästhetisch überhöht, sie werden zu eigenständigen Kunstwerken.Die kompromisslos moderne, praktische und unsentimentale Haltung, die das Gesamtkunstwerk Postsparkasse mittels seiner Architektur und Innenausstattung ausdrücken wollte, hat bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren: „Alles modern Geschaffene muß unser eigenes besseres, demokratisches, selbstbewußtes, unser scharf denkendes Wesen veranschaulichen“ (Otto Wagner, 1913).
Quelle :
https://www.ottowagner.com/oesterreichische-postsparkasse/